Im Skandal um das Ausschnüffeln von Emails und Sozialen Netzwerken haben die US-Behörden ein besonderes Auge auf die Deutschen geworfen. Sie sind für die Amerikaner fast gleich interessant wie China. Offenbar vermutet Präsident Obama in Deutschland immer noch besonders viele Terroristen.
Der „grenzenlose Informant“ („Boundless Informant“) heißt das Programm der National Security Agency (NSA), mit dessen Legitimation Daten von Menschen aus der ganzen Welt gesammelt werden. Wie der Guardian Journalisten Glenn Greenwald berichtet, sammelt der NSA gemäß Geheimdokumenten monatlich etwa 97 Milliarden Datensätze durch den Zugriff auf fremde Computer-Netzwerke weltweit.
Drei Milliarden Datensätze kommen aus den USA, behauptet Greenwald und beruft sich auf seine geheimen Quellen. Allerdings stellt sich heraus, dass die NSA mit der Technologie gezielt Länder herausfiltern und nach Aktivitäten durchsuchen. Wie eine Grafik veranschaulicht, haben sich die Amerikaner in Europa in Deutschland besonders intensiv umgehört. Hier wurden ähnliche Aktivitäten entfaltet wie in China. Offenbar vermuten die Amerikaner, in Deutschland auf besonders interessantes Material zu stoßen. Die Aktivitäten können natürlich auch mit dem 11. September 2001 zusammenhängen, hatten doch die Terroristen eine Basis in Hamburg.
Die deutsche Polizeigewerkschaft hat Obamas Datensammler-Wut ausdrücklich gelobt und den Schutz vor Kriminalität als ein besonders wertvolles Bürgerrecht bezeichnet. Offizielle Stellungnahmen liegen von politischer Seite liegen noch nicht vor.
Besonders im Fokus steht naturgemäß der Nahen Osten. Dort gibt es noch mehr Aktivitäten als sonstwo (siehe Grafik). James Clapper, ehemaliger General der US-Airforce, hatte am Sonntag behauptet, die USA sammelten auf eigenem Territorium keinerlei Daten. Eine glatte Lüge, wie sich herausstellt.
Die US-Regierung geht mit der Privatsphäre der Menschen weltweit relativ unbekümmert um. Das beweist eine Aussage Obamas, nachdem bekannt wurde, dass die NSA Emails, Chats und Online-Dokumente der Bürger auf Plattformen wie Google und Facebook überwacht. Von der Überwachung seien nur Ausländer betroffen, sagte der US-Präsident.
Die NSA kennt auch personenbezogene Daten. Neben Informationen über das Land und die Stadt des Überwachten können die Agenten auch die genaue IP-Adresse ermitteln. Aus den Metadaten sei die Identifizierung einer einzelnen Person jedoch sehr schwierig, behaupten die Verantwortlichen.
Dass das Ausmaß der überwachten US-Amerikaner überhaupt auf drei Milliarden bemessen werden kann – dank der geheimen Dokumente, die der Guardian ausgewertet hat – legt den Schluss nahe, dass viel Detailliertere und weitaus Privateres aus den Datensätzen gefiltert werden könnte. Die Verschleierungstaktik der US-Administration ist ebenfalls ein Hinweis dafür.
Auf ABC spricht sich Greenwald gegen die strafrechtliche Verfolgung seiner Quellen aus. „Sie haben ihre Karrieren, ihr Leben und ihre Freiheit dafür riskiert, [...] damit das amerikanische Volk zumindest von diesem gewaltigen Überwachungsapparat Notiz nimmt“, so Greenwald (siehe Video).