Seit Mittwoch spekuliert die Netzgemeinde über das plötzliche Verschwinden des populären Filmportals Movie2k, auf dem Internetnutzer aktuelle Spielfilme und Serien ansehen können, ohne dafür zu bezahlen. Nach Informationen der "Welt" hat eine Aktion der Generalstaatsanwaltschaft Dresden im Rahmen der Ermittlungen zumVorgängerportal Kino.to die Abschaltung der Seiten ausgelöst.
"Es gibt Spuren zu Beschuldigten von Kino.to, die Kontakt zu Movie2k haben sollen", sagte Oberstaatsanwalt Wolfgang Klein am Freitagmorgen. "Wir halten es für naheliegend, dass die Abschaltung von Movie2k eine Folge unserer Ermittlungen ist."
Die Dresdner Staatsanwälte ermitteln seit Längerem im Bereich illegaler Streaming-Angebote. Ihre Recherchen hatten vor zwei Jahren zum Ende des bekannten Streaming-Portals Kino.to geführt.
Es gab Razzien in Deutschland, Spanien, Frankreich und den Niederlanden. Ein Insider hatte ausgepackt. Sechs der Betreiber sind mittlerweile in Leipzig zu bis zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Die Ermittlungen im Fall Kino.to dauern noch an.
Mit welchen konkreten Maßnahmen die Generalstaatsanwaltschaft die Abschaltung von Movie2k am Mittwoch verursacht hat, wollte Klein mit Verweis auf "laufende Ermittlungen" nicht sagen. Auch den möglichen Zusammenhang zu einer Hausdurchsuchung am Mittwoch wollte er nicht kommentieren.
Die Staatsanwälte hatten die Wohnung eines Niedersachsen durchsuchen lassen, der unter dem Spitznahmen "Hologramm" 120.000 Filme vor allem bei Kino.to, zuletzt aber auch bei Movie2k hochgeladen haben soll. Der Mann sei aber geständig und kooperiere, deshalb könne er auf freiem Fuß bleiben, sagte Klein.
Angebot reicht bis zu Pornofilmen
Movie2k hatte 2011 die Nachfolge des Ex-Konkurrenten Kino.to angetreten. Das Angebot reichte zuletzt vom neuen "The Fast and the Furios"-Streifen über die aktuelle Episode "Game of Thrones" bis hin zu Pornofilmen. Nach Aussage der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) machte Movie2k Anfang April mehr als 24.000 Spielfilme in deutscher Sprachfassung illegal einem breiten Publikum umsonst zugänglich.
Noch am Donnerstag rangierte Movie2k auf Platz 17 der meistbesuchten Webseiten in Deutschland. Das Portal lag damit laut Internetdienst Alexa noch vor "Spiegel online".
In der Filmwirtschaft werden die Macher von Movie2k oft als "kriminelle Bande" bezeichnet, weil die Betreiber Urheberrechte ignorieren. Die GVU begrüßte daher die jüngste Entwicklung. "Falls aber die Verantwortlichen von Movie2k ihr illegales Angebot selbst abgeschaltet haben sollten, deuten wir das als ein erstes Signal für ihre Bereitschaft, den entstandenen Schaden für die Filmwirtschaft nicht noch weiter zu vertiefen", sagte GVU-Geschäftsführer Matthias Leonardy. Er forderte die Movie2k-Verantwortlichen auf, "das begangene Unrecht aufzuklären und zur nachhaltigen Eindämmung der andauernden Urheberrechtsverletzungen beizutragen".
Betreiber halten sich für unschuldig
Das Schweigen der Movie2k-Macher nach der Abschaltung überraschte Beobachter der Szene, denn bislang hatten sie sich mehrfach zu Wort gemeldet – mit E-Mails an Medien oder in ihrem Forum. Ihr Standpunkt: "Unsere Webseite funktioniert wie eineSuchmaschine, sie trägt Filme zusammen und sortiert sie von anderen Webseiten, bettet diese ein oder verweist auf den direkten Link", heißt es in der Selbstdarstellung der Plattform. "Deshalb sind wir absolut legal."
Das scheint nur auf den ersten Blick stimmig, denn Movie2k bündelt und kuratiert die Links mehrerer sogenannter Stream- oder Filehoster. Klickt man diese an, öffnet sich der Film auf den Seiten der Streamhoster. Angeblich hat das Portal mit den verlinkten Hostern so viel zu tun wie Google mit seinen Suchergebnissen.
Nur: Diese Argumentation stellte sich schon bei Kino.to als falsch heraus. Tatsächlich steuerte die Bande damals sowohl die Suchmaschine als auch die wichtigsten Hoster. Nach Angaben der GVU gibt es Hinweise, dass auch Movie2k mit sogenannten Haus-Hostern arbeitet und diese kontrolliert.
Das wäre durchaus naheliegend, denn Geld verdienen hauptsächlich die Hoster über kostenpflichtige Premium-Accounts. Das Portal wiederum kassiert für Werbebanner.
Globales Internet-Versteckspiel
Alle Versuche, die Movie2k-Macher aufzuspüren, sind bislang gescheitert. Sie beherrschen das globale Internetversteckspiel mit Domains der Pazifikinsel Tonga, Firmenadressen auf den Seychellen, Servern in den Niederlanden, nichtssagenden Nicknames und Verschlüsselungstechnik. Foreneinträge zeichnen sie grundsätzlich mit Pseudonym. So beantworteten etwa "Splitter" oder "Mr. THX" Anfragen von Movie2k-Usern.
Die GVU ist trotzdem sicher, dass Deutschland Dreh- und Angelpunkt für die Hintermänner ist. Schon allein wegen der Ausrichtung auf den deutschen Markt und dem akzentfreien Deutsch in den Stellungnahmen.
Anders als die Betreiber müssen sich die Film- und Serienfans bei Kino.to und Movie2k weniger Sorgen machen. Der Polizei dürfte es schwerfallen, Hunderttausenden nachzuweisen, dass sie dort Filme gesehen haben. Selbst wenn das logistisch möglich wäre, ist unter Juristen noch immer umstritten, ob überhaupt strafbar ist, sich die Filme auf den Portalen anzuschauen. Die erste Unruhe unter den Film- und Serienjunkies verpuffte 2011 nach dem Aus von Kino.to deshalb schnell.
Der aktuelle Ärger der Gratisgucker lässt sich nun bei Twitternachlesen. "Ich möchte nicht in einer Welt ohne Movie2k leben", jammert einer. Eine junge Frau tweetet hingegen pragmatisch: "Neeeeein, jetzt werde ich zu einer der anderen 10.000 Streamingseiten wechseln müssen."
Fachjournalist Lars Sobiraj vom Tech-Kanal Gulli resümierte am Donnerstagabend: "Die Verfolgung der Hintermänner von Streaming-Portalen ist ähnlich Erfolg versprechend wie der Kampf gegen die Hydra. In beiden Fällen wachsen für jeden abgeschlagenen Kopf mindestens drei neue nach, egal wie viele Personen man überführt.
Quelle: http://www.welt.de/wirtschaft/web…ffline-ist.html