„Du Schwuchtel wirst gefoltert!“ Rapper Bushido überschreitet in seinem neuen Video alle Grenzen: Er wünscht Politikern den Tod, beleidigt sie. Konsequenz: Strafanzeige!
Haus, Hochzeit, Papa - Bushido schien sein Gangster-Image abzulegen. Dann wurde der Rapper der Nähe zu echten Gangstern verdächtigt, sein neuer Ruf als Biedermann war ruiniert. Also gibt er jetzt in einem Video-Clip wieder den Proll-Provokateur: Zum Beispiel mit Mordphantasien gegen Claudia Roth.
Irgendwann hat dieses Gangster-Image einfach nicht mehr gepasst. Bushido sprach in Interviews über solide Geldanlagen, bezog ein Einfamilienhaus im eher spröden Berliner Stadtteil Lichterfelde. Er heiratete, wurde Vater einer Tochter. Vorbei die Zeiten, in denen der Rapper durch homophobe und Gewalt verherrlichende Texte Aufsehen erregte.
Doch den Versuch, in diese Biedermann-Rolle zu schlüpfen, hat Bushido wohl erst einmal aufgegeben. Für das nun veröffentlichte Video zu "Stress ohne Grund" hat er auf die üblichen Stereotype zurückgegriffen, verbal wie visuell. Er hat zwei Autos gemietet, große Limousinen, ist auf ein Parkdeck gefahren, ist in Zeitlupe ausgestiegen, mit böser Miene - und hat Zeilen gerappt wie diese: "Fick die Polizei, LKA, BKA, meine Jungs verticken Elektronik so wie Media Markt."
Understatement, möchte man meinen, denn etwas deftiger als mit bloßer Hehlerei gehen Bushidos Jungs in der Realität wohl schon zur Sache. Der Abou-Chaker-Clan, dem der Rapper nahe steht, soll unter anderem mit Waffen- und Drogenhandel sein Geld verdienen.
Bushido dürfte sich geärgert haben, als im April publik wurde, dass er einem Mitglied jener palästinensisch-libanesischen Familie eineGeneralvollmacht über sein Vermögen ausgestellt hatte. Dabei schien der 34-Jährige doch gerade erst seinen Platz im Mainstream eingenommen zu haben. Er saß bei Markus Lanz und in anderen TV-Shows, wo er eloquent bewies, dass er mehr ist als ein dumpfer Prolet. Im Jahr 2011 erhielt er den Schnarch-Preis Bambi für Integration - nach einer Laudatio von Peter Maffay. Bushido gehörte damit zum deutschen Entertainment-Establishment.
Doch als sich der während Bushidos Karriere ohnehin immer mal wieder auftauchende Verdacht erhärtete, dass sein Image als böser Junge womöglich eine Menge mit der Realität zu tun haben könnte, war der Traum beendet. Wenngleich das etwas eingeschlafene Bild vom Gangster damit schlagartig aufgepeppt wurde, war plötzlich bedroht, was sich Bushido über die Jahre mühsam erarbeitet hatte: eine recht breite Akzeptanz.
Künstler und Politiker forderten, der Bambi müsse Bushido aberkannt werden, unter ihnen Serkan Tören, integrationspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag.
"Ich will, dass Serkan Tören jetzt ins Gras beißt", heißt es nun in "Stress ohne Grund". Es folgen zwei Schüsse.
Bushido tritt in dem Song als Feature des Rappers Shindy auf, der dieser Tage auf Bushidos Label ersguterjunge sein erstes Album veröffentlicht. Wer verkaufen will, braucht Aufmerksamkeit. Bushido garantiert sie: "Du wirst in Berlin in deinen Arsch gefickt wie Wowereit", "Ich verkloppe blonde Opfer so wie Oli Pocher" - je mehr bekannte Namen auftauchen, desto breiter das Feld der potentiellen Empfänger.
Verkaufsstrategisch ist das konsequent: Bushidos Zugang zur Mitte der (Entertainment-)Gesellschaft ist bis auf Weiteres verbaut, dessen wird sich der Rapper bewusst sein. Warum also nicht mal wieder Tabus brechen, egal, wie abgedroschen sie auch sein mögen?
Knapp 300.000 Leute haben "Stress ohne Grund" innerhalb eines Tages auf YouTube geklickt. Es ist Mitte Juli, das Sommerloch ist da. Die Voraussetzungen dafür, im Gespräch zu bleiben, könnten besser kaum sein. Tören und Roth könnten ja sogar Strafanzeige stellen: Enthält der Song nicht einen Aufruf zum Mord? Sollte der Titel gar auf dem Index landen, hätte Bushido als Rapper auch noch seine Credibility früherer Tage wieder hergestellt, als so manches seiner Werke indiziert wurde.
Viel Zeit, auf die Kacke zu hauen, bleibt ihm allerdings nicht. Bald muss die Kacke wieder beseitigt werden. Bushido wird erneut Vater.
Quelle: Stern
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